Wilhelm Kiesselbach (1.12.1838 – 4.7.1902) stammte aus einer Familie von Ärzten und Kaufleuten. Er kam ursprünglich aus Hanau und war mit dem Vater von Luise befreundet, spielte schon Jahre, bevor er sie kennenlernte, mit diesem in einem Musik-Quartett.

Wilhelm Kiesselbach studierte Medizin, u.a. im WS 1875/76 in Wien. Ab dem 1. April 1876 war er wiss. Assistent an der Medizinischen Poliklinik in Erlangen, im SoSe 1877 wiss. Assistent am Chemischen Laboratorium der Medizinischen Poliklinik; WS 1877/78 Studienaufenthalt an der Ohrenklinik in Halle/S., SoSe 1878 wieder in Wien. Seit dem 1. Nov. 1878 war er wiss. Assistent für ohrenärztliche Untersuchungen an der Chirurgischen Klinik in Erlangen, am 27. März 1880 wurde er Privatdozent für Ohrenheilkunde, am 14. Dez. 1883 Oberarzt für ohrenärztliche Untersuchungen. Am 29. Juni 1888 wurde er zum ordentlichen Professor ernannt.

In der von ihr verfassten Familiengeschichte erzählt Luise Kiesselbach, wie sie am 26. Juli 1883 k auf Einladung ihres Bruders Otto nach Erlangen kommt, um ein Ohrenleiden von seinem Freund Wilhelm Kiesselbach behandeln zu lassen. Beide verlieben sich spontan ineinander, obwohl Wilhelm Kiesselbach auf Luise Becker zunächst „irrwisch“ (unruhig) wirkt, 24 Jahre älter als Luise und ein „Hagestolz“ ist. Aber gleich bei ihrer ersten Konsultation hat Luise auch noch Nasenbluten, worauf er sich erfreut zeigt: „„Ach Sie bluten Nase, nein wie ist das lieb von Ihnen, ich arbeite gerade darüber und freue mich über jeden Fall ganz gewaltig“ (Familiengeschichte Kiesselbach, von Luise Kiesselbach niedergeschrieben).

Tatsächlich forschte Kiesselbach zu dieser Zeit u.a. zum Nasenbluten und veröffentlichte im Jahr darauf seine Ergebnisse. In der Folge wurde die Stelle in der Nasenscheidewand, an dem aufgrund einer starken Durchblutung besonders leicht Nasenbluten auftritt, nach ihm als Locus Kiesselbachi (Kiesselbachscher Fleck) benannt. „In der klinischen oder anatomischen Nomenklatur gibt es übrigens kein anderes Beispiel, bei dem ein »Locus« mit einem Eigennamen gekennzeichnet wurde“ (Feldmann 2003, S. 246).

Am 12. März 1884 heiraten Luise und Wilhelm. Die Kinder werden 1885 (Gusta) und 1886 (Fritz) geboren.

Am 1. Juli 1888 wird Kiesselbach zum außerordentlichen Professor für Ohrenheilkunde und Leiter des neuen Ohrenärztlichen Instituts an der Chirurgischen Klinik Erlangen ernannt.

Wilhelm Kiesselbach stirbt am 4. Juli 1902 überraschend an einer Infektion, die er sich in der Klinik zugezogen hatte.

Veröffentlichungen von und über Wilhelm Kiesselbach

  1. Donogány Z: Beiträge zum histologischen Bau der Nasenscheidewände mit besonderer Berücksichtigung der habituellen Nasenblutungen, Arch. Laryng. Rhinol. 9 (1899) S. 30-39 [zit bei Feldmann 2003] [Bezug zu Kiesselbach auf S. 31]
  2. Feldmann, Harald (2003), „Bilder aus der Geschichte der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Heidelberg (Median-Verlag) [insb. S. 246]
  3. Haller, Christoph‚ Friedrich Berthold Frhr. von, & Andreas Jakob, Erlanger Stadtlexikon, Nürnberg 2002 (W. Tümmels) [Stichwort: Kiesselbach, Wilhelm]
  4. Kiesselbach, Wilhelm, Beitrag zur näheren Kenntnis der sogenannten grauen Degeneration des Sehnerven bei Erkrankungen des Cerebrospinalsystems. Inaugural-Dissertation der hohen medicinischen Fakultät zu Erlangen vorgelegt von Wilhelm Kiesselbach aus Hanau. Mit 2 Holzschnitten. Erlangen, 1875. Druck der Universitäts-Buchdruckerei von E. Th. Jacob
  5. Kiesselbach, Wilhelm, Beitrag zur normalen und pathologischen Anatomie des Schlaefebeins mit besonderer Berücksichtigung auf das kindliche Schlaefebein, Erlangen 1880 [im Erlanger Stadtlexikon Haller/ Jakob 2002 angegeben]
  6. Kiesselbach, Wilhelm, Bericht über die in der chirurgischen Politklinik vom 1. October 1878 bis 1. October 1881 behandelten Fälle von Ohren- und Nasenkrankheiten. Aerztliches Intelligenz-Blatt. Münchner Medicinische Wochenschrift Bd. 27, 1880, S. 533-535
  7. Kiesselbach, Wilhelm, Ekzema introitus narium, in Monatsschrift für Ohrenheilkunde etc. 1885, S. 36-38
  8. Kiesselbach, Wilhelm, Über spontane Nasenblutungen. Berliner klinische Wochenschrift Bd. 21, No 24, 1884, S. 375-377
  9. Kiesselbach, Wilhelm, Die Behandlungen der Erkrankungen der Nasen- und Rachenhöhle, in: Penzoldt, Franz (Hg.), Handbuch der speziellen Therapie innerer Krankheiten, Bd. 3: Handbuch der speciellen Therapie der Erkrankungen der Atmungsorgane und der Kreislaufsorgane, Jena 1895, 104-160
  10. Kiesselbach, Wilhelm, Über Nasenbluten, Deutsche Naturforscher-Versammlung Straßburg 1885
  11. Kiesselbach, Wilhelm, Über Nasenbluten, Wiener medizinische Zeitung 1885, No 44
  12. Kiesselbach, Wilhelm, [Aufsatz über Rhinoliten/ Nasensteine] Münchner medizinische Wochenschrift 1889, Nr. 9 [??]
  13. Kiesselbach, Wilhelm, Über den Schleimgehalt des Nasenpolypen, in: Monatsschrift für Ohrenheilkunde usw. 1888, No. 12, S. 321-323
  14. Kiesselbach, Wilhelm, Ein Fall von Laryngo- und Trachealstenose, Deutsche Zeitschrift für Chirurgie, Berlin (Springer), Band 13, S. 544-550
  15. Kiesselbach, Wilhelm, Die Hyperästhesie des Acusticus. Besprechung einiger neuerer Arbeiten über dieselbe, in: Monatsschrift für Ohrenheilkunde, Kehlkopf-, Nasen-, Rachen-Krankheiten, Berlin, Januar 1889,, No. 1, S. 1-5
  16. Kiesselbach, Wilhelm, Der Musculus crico-thyreoideus, [Kopie ohne Angaben, von der Uni-Klinik in Erlangen erhalten – evtl. Monatsschrift für Ohrenheilkunde etc.], S. 58-61
  17. Kiesselbach, Wilhelm, Über die Wirkung von Cocainum muriaticum auf das Ohr, [ohne Angaben, evt. Monatsschrift für Ohrenheilkunde etc.], S. 194-195
  18. Kiesselbach, Wilhelm, Über Thränenträufeln, in: Münchner med. Wochenschrift, 1890, Nr. 34
  19. Kiesselbach, Wilhelm, ein Fall von Epithelioma papillare an der mittleren Nasenmuschen, virch. Arch. 1893, Bd. 132
  20. Kiesselbach, Wilhelm, Stimmgabel und Stimmgabelversuche (Zum Theil vorgetragen auf der Naturforscher-Versammlung zu Bremen), in: Monatsschrift für Ohrenheilkunde, Kehlkopf-, Nasen, Rachen-Krankheiten, 1991, Teil I in No 1 Januar, S. 1-7, Teil II in No 4, April, S. 97-102
  21. Kiesselbach, Wilhelm, Die galvanische Reaction der Sinnesnerven, in: Deutsche Zeitschrift für Nevenheilkunde, Bd. III, S. 245
  22. Kiesselbach, Wilhelm, Behandlung der Erkrankungen der Nasen- und Rachenhöhle. Separatabdruck aus dem Handbuch der spezciellen Therapie innerer Krankheiten, herausgegeben von Penzold und Stinzing, III. Bd. S. 104-160
  23. Kiesselbach, Wilhelm, Über die Verwerthbarkeit der Hörprüfungsmethoden bei der Beurtheilung infolge von Unfällen. In: Münchner med. Wochenschrift, Nr. 13, 1892
  24. Onodi A, Rosenberg A: Die Behandlung der Krankheiten der Nase und des Nasenrachens, Berlin 1906 [zit. bei Feldmann 2003]
  25. Schnalke, Thomas, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde in Erlangen. Festschrift aus Anlaß der 100-Jahrfeier der Hals-Nasen-Ohrenklinik der Universität Erlangen-Nürnberg, Gräfelfing 1989 (Demeter Verlag), [dort insbesondere das Kapitel „Die Ära Wilhelm Kiesselbach (1889-1902) und die Begründung der Ohrenheilkunde in Erlangen“, S. 15-20)
  26. Truckenbrod, D., Ber. D. ot. Sect. D. 58. Naturf.-Vers. Z. Strassburg [er berichtet von der 3. Sitzung am Samstag, den 19. September, 4 Uhr, dass nachmittags „als zweiter Redner Herr Kiesselbach (Erlangen) über Nasenbluten“ spricht und gibt eine kurze Zusammenfassung des Vortrags, S. 198]
  27. Watzek, Jürgen, Die Geschichte der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg von den Anfängen bis zum Jahre 1960, Erlangen, Nürnberg, Univ., Diss., 1987
  28. Zarniko C: Diagnostik der Nasenkrankheiten, in: A. Denker, O. Kahler (Hrsg.), Handbuch der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Springer Berlin, Bergmann München 1925, Bd. 1-1, S. 692-740 [zit. bei Feldmann 2003]
  29. Zarniko C: Die Erkrankungen des lymphatischen Rachenrings, in: A. Denker, O. Kahler (Hrsg.), Handbuch der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Springer u Bergmann Berlin u München 1928, Band 1-3, S. 52-172 [zit. bei Feldmann 2003]